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Entscheidende Weichenstellung: Mit der NATO weiter in Afghanistan?

Wir Grüne entscheiden am Wochenende, wie wir uns das künftige deutsche Engagement in Afghanistan vorstellen.

Bisher steht dazu ein Nullsatz im Programm: "Wir wollen den Abzug der Kampftruppen aus Afghanistan bis 2014." Dieser Satz sollte so nicht stehen bleiben. Er lässt vieles offen, weil damit ja kaum gemeint sein kann, nur das Heeresmusikchor und die SanitärInnen vor Ort zu belassen. Und die allermeisten anderen Soldatinnen und Soldaten sind nun mal zum Kämpfen ausgebildet.

Die Bundesregierung hat mittlerweile ihre weitere Planung für den Zeitraum nach 2014 vorgelegt. Sie gibt damit dem Druck von Opposition und Öffentlichkeit nach. Die Regierung plant, sich an einer weiteren Mission mit bis zu 800 deutschen Soldatinnen und Soldaten zu beteiligen. Erneut soll es sich um eine NATO-Mission handeln. Alle anderen politischen Parameter sind dagegen bisher unklar. Wird diese neue NATO-Truppe durch die Vereinten Nationen nach Kapitel VII robust mandatiert sein? Im außenpolitischen Fachchinesisch, heißt das friedenserzwingend ‑ auf deutsch auch Aufstandsbekämpfung ist erlaubt. Oder wird es ein friedenserhaltendes Mandat nach Kapitel VI der VN Charta sein? Das wäre dann kein Kriegseinsatz.

Der bisherige Satz im Wahlprogramm beantwortet nicht, ob, unter welchen Parametern und im welchen Umfang wir Grüne ein weiteres militärisches Engagement nach 2014 unterstützen. Spätestens mit den neuen Regierungsplänen aus der vergangenen Woche müssen Grüne hier für den Wahlkampf und mit Blick auf eine mögliche Regierungsverantwortung präziser werden. Soll eine neue grüne Bundestagsfraktion die Hand für ein weiteres NATO-Mandat und einen Kampfeinsatz heben?

Die Bundesarbeitsgemeinschaften Frieden und Nord-Süd sagen dazu mehrheitlich nein.

Wir wollen ein Ende des NATO-Einsatz bis 2014 und keine neue NATO-Mission.  Die NATO ist Teil des Problems und nicht Teil der Lösung. Wenn überhaupt, können wir uns vorstellen, dass nach 2014 eine direkt geführte UN-Blauhelmtruppe auf Einladung der afghanischen Regierung einen Waffenstillstand überwacht oder Ausbildung unterstützt. Einen Kampfauftrag und eine entsprechende Mandatierung nach Kapitel VII der VN-Charta lehnen beide BAGen mehrheitlich ab.

Deshalb hat die BAG Frieden  einen entsprechenden Änderungsantrag zum Wahlprogramm vorgelegt.

Konsens am bisherigen Programmentwurf ist  die klare Betonung einer weiteren zivilen Unterstützung für den Aufbau des Landes. Wir Grünen haben zuletzt vor knapp vier Jahren auf dem Rostocker Parteitag eine umfangreiche Position zu Afghanistan beschlossen. Es ist an der Zeit, darüber wieder einen Bundesparteitag entscheiden zu lassen.

Autor: Michael Kellner

Michael Kellner ist politischer Bundesgeschäftsführer von Bündnis 90/Die Grünen

3 Kommentare

  1. Allzuweit ist das aber auch nicht von der Regierung entfernt, die hat auch mehrfach betont, man wolle nur auf Einladung der afghanischen Regierung handeln.

    Bei der Afghanistanpolitik würden mehr Sätze zu Aufbau und nichtmilitärischen Lösungsansätzen sich besser abheben von Schwarz-Gelb. 

  2. Der gemeinsame Beschluss der BAG Nord Süd und Frieden enthält keine Beschränkung bzgl. der UN-Charta. Ein Antrag, das robuste Mandat auszuschliessen, wurde mehrheitlich von den BAGen abgelehnt, kann also schlecht als Unterstützung der in dem Blogbeitrag eingenommenen sehr verkürzten und der Situation der Menschen in Afghanistan nicht angemessenen Position gewertet werden.
     

    Wie Skalg schon zurecht gesagt hat, müssten wir zivile und nichtmilitärische Lösungsansätze in den Vordergrund stellen. Es sollte auch klar sein, dass jegliche militärische Intervention durch die UN mandatiert sein muss. Es ist aber das gute Recht der UN in Zusammenarbeit mit der afghanischen Regierung, zu entscheiden, wie die Mission mandatiert ist und welche Länder zu einer Beteiligung aufgefordert werden. Wenn wir, wie dies im Wahlprogramm immer wieder betonen, der UN insgesamt eine größere Rolle zuweisen wollen, sollten wir deren Entscheidungsrechte akzeptieren.

  3. Mittlerweile hat die Antragskommission unsere Forderung weitegehend übernommen.

    Die Formulierung im Programm lautet

    "Der NATO-Einsatz im Rahmen von ISAF in Afghanistan wird 2014

    abgeschlossen. Sollte die afghanische Regierung eine weitere Truppenpräsenz zur Überwachung eines Waffenstillstandes oder als Ausbildungsmission wünschen, muss dafür eine neue Rechtsgrundlage durch die VN geschaffen werden. Sie ist als peace building mission zu mandatieren und soll als direkt geführte VN-Mission erfolgen – ohne Kampfauftrag und Auftandsbekämpfung."

    ein Erfolg für uns als BAGen Nord-Süd & Frieden

    Micha

    Sprecher BAG Frieden