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Tipping-Point Europawahl 2019

Klimaschutz-Erkenntnis lässt sich nicht mehr zurückdrehen

Der Tipping-Point, in etwa als Umkipp-Punkt zu übersetzen, ist vielen schon aus dem Bereich der Klimaerhitzung bekannt: Einmal geschmolzenes Eis kann kein Sonnenlicht mehr ins Weltall zurück reflektieren, einmal aufgetauter Permafrostboden gibt sein Methan frei und der Prozess der menschengemachten Klimakatastrophe beschleunigt sich, ist umgekippt.

Es gibt aber auch in anderen Bereichen Tipping-Points, etwa bei gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen. Denn gerade das Schmelzen des Pol- und Gletschereises, die Korallenbleiche, Dürre hier, Starkregen andernorts, das Artensterben und viele andere mit der Klimaerhitzung verbundene Katastrophen führen dazu, dass bei immer mehr Menschen die Forderung nach Klima- und Artenschutz ganz weit nach oben auf der Liste der wichtigsten politischen Handlungsfelder rücken. Und diese Klimaschutz-Erkenntnis lässt sich erfreulicherweise auf Jahrzehnte nicht mehr zurückdrehen, auch weil es viele jüngere Menschen sind, die diese Erkenntnis teilen. Und diese stärkere Einforderung eines ernsthaften Klimaschutzes, nicht nur aber ganz wichtig auch durch Fridays For Future, wird sich nicht zurückdrehen lassen bis wir den Stand der bilanziellen Nullemission bei Energieerzeugung, Industrie, Mobilität und Heizung zumindest annähernd erreicht haben werden.   

Bisher ist es zu oft gelungen, ernsthaften Klimaschutz zu verhindern. Die dafür verantwortlichen politischen Entscheider*innen und Parteien hofften eventuell auch heimlich darauf, dass ihnen dies bei den jeweils nächsten Wahlen nicht viele Wähler*innen-Stimmen kosten würde. Oft genug hat diese Taktik funktioniert: Richtung Klimaschutz blinken, dann aber nach er Wahl nicht abbiegen.

Dies wird sich durch die Europawahl 2019 ändern, ein derart starkes Grünes-Abschneiden, das stärkste Abschneiden seit Gründung unserer Partei, das wir unserer jahrzehntelangen konsequenten Arbeit, unseren Debatten, unseren daraus resultierenden überzeugenden Programmen und nicht zuletzt unseren begeisternden Europaabgeordneten und allen Wahlkämpfer*innen (an dieser Stelle: VIELEN DANK!!!) zu verdanken haben, wird nicht ohne Wirkung bleiben. Eine Wirkung wird sein, soweit lehne ich mich prognostisch aus dem Fenster, sein, dass sich viele unserer politischen Mitbewerber insbesondere in CDU und SPD fragen werden, wie sie ab sofort Klimaschutz zu ihrem Thema machen werden.

Wenn sie das glaubwürdig und ernsthaft tun, so könnte dies uns Grüne zwar Stimmen kosten, die der Meinung sind, unser Alleinstellungsmerkmal werde nun auch von anderen bedient. Aber zum Schluss gilt wie immer: Gerne das GRÜNE-Original wählen, nicht eine viele Jahre zu spät gekommene Kopie: Unsere blaue Patientin würde GRÜN wählen.

Autor: Philipp Schmagold

Dr. Philipp Schmagold entwickelt klimaschützende Wind- und Solarenergieprojekte, ist Lehrbeauftragter der Christian-Albechts-Universität zu Kiel und Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat des Bundesverbandes Windenergie (BWE).

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