Grün.Links.Denken

Wirtschaftswandel statt Kosmetik

9 Thesen für eine Wirtschaft, die dem Menschen dient

Hier geht es zum kompletten Thesenpapier

6 Kommentare

  1. Hier in Bezug auf die Industrie konkreter und auch mit praktischen und weitergehenden Modellen und Forderungen: "Die Zukunft der Industrie in Nordrhein- Westfalen liegt im sozial-ökologischen Umbau" http://siegburg2014.gruene-ldk.de/files/2014/06/Beschluss_I-1_Industriepolitik-.pdf

  2. Pingback: Ist ‚small‘ tatsächlich immer ‚beautiful‘? › grüne reformerinnen und reformer

  3. Dieser Text zeugt von einer vollständig naiven, geradezu infantilen Weltsicht.

     

    These 1:

    Die Antwort auf den Mindestlohn ist die Entlassung in die Scheinselbstständigkeit, hierauf soll wieder mit irgendeiner Regelung reagiert werden, auf die die Situation für die Arbeitnehmer noch prekärer wird, um dann wieder mit einer bürokratischen Regelung zu kommen. Usw usf.

    Anstatt irgendwelche Vorstellungen von Betriebswirtschaft zu besitzen ist man lieber Staatsfixiert.

    Anstatt für die Masse der Arbeitnehmer die Situation zu verbessern, stürzt man sich auf die Erfüllung von Luxuswünschen der oberen Mittelschicht und insbesondere des weiblichen Teils davon. Siehe garantierte und staatlich geförderte Sabbatical-Zeit

    Sätze wie: „Der Staat muss gerade bei Berufen, die vermehrt von Frauen ausgefüllt werden und vor allem durch den Staat bezahlt werden, wie Erzieherinnen, Kranken- oder Altenpflegerinnen, Vorreiter werden und mit deutlichen Lohnsteigerungen diese Berufe fiskalisch aufwerten.“

    sind schlicht naiv. Es findet sich niemand, der diesen Berufsgruppen nicht gerne mehr Lohn bezahlen möchte. Es findet sich bloß auch niemand, der eine Partei wählt, die mit dem Slogan in den Wahlkampf zieht: „5% höhere Umsatzsteuer, damit wir den Erzieherinnen und Lehrern höhere Löhne bezahlen können.“

     

     

     

    These 2:

    Verkennt, dass man als Volkswirtschaft auch Großkonzerne benötigt, um überhaupt international mitspielen zu können. Der Bioland-Betrieb am Stadtrand mag zwar idyllisch sein, aber damit hält man heute keine Volkswirtschaft am laufen.

    Wer auf small is beautiful setzt wird am Ende merken, dass die ganzen kleinen Betriebe irgendwann von ausländischen Konzernen aufgekauft wurden. Die meisten im Technologiebereich gegründeten Unternehmen setzen heute darauf, dass sie ein Produkt zur Marktreife entwickeln und sich dann von einem Konzern aufkaufen lassen.

     

    Man muss zwar etwas gegen überbordende Marktmacht einzelner Konzerne machen, aber gleichzeitig darf man auch als verantwortlicher Politiker die eigenen Unternehmen nicht so schwächen, dass sie international nicht mehr bestehen können.

     

    These 3:

    Gerade die Grünen zeigen am deutlichsten das totale Scheitern von Frauenquoten. Hier wurde Masse gegen Klasse eingetauscht und selbst die Masse erreicht nicht einmal annähernd das was ihre Protagonisten seit inzwischen 30 Jahren predigen. Aber nicht nur die Grünen zeigen es, auch erlebten die norwegischen Unternehmen nach Einführung der Frauenquote einen totalen wirtschaftlichen Absturz. http://webuser.bus.umich.edu/adittmar/NBD.SSRN.2011.05.20.pdf

     

    Wenn kommt die Quote für Behinderte, Farbige, Ausländer, …?

     

    Textilsiegel: Obendrüber schrieb man gerade, dass man die kleinen Unternehmen stärken will. Dann fordert man aber ein Textilsiegel, welches den Unternehmen einen Bürokratischen Kontrollaufwand auferlegt, welche wenn überhaupt lediglich Großkonzerne leisten können. Welches Unternehmen weiß bitteschön unter welchen Umständen jeder einzelne Knopf, jede Rolle Stoff produziert wurde? Oder gar wie die Baumwolle angebaut, verarbeitet, transportiert, gefärbt, … wurde?

     

    These 4:

    Wer ist nicht gegen Lobbymacht, wenn er nicht selber Lobbyist ist? Und wie will man sich gegen die Macht der Lobbyisten durchsetzen?

     

    These 5:

    Wenn beklagt wird, dass die Vermögenspreise wesentlich stärker steigen als die Löhne (darum geht es im wesentlichen bei der Anprangerung von „Ungleichheit“), der sollte sich einmal Fragen woran dies liegt. Vielleicht an der massiv betriebenen Inflationspolitik, welche seit Jahrzehnten immer mehr Geld in gigantischen Summen druckt und an die Banken verteilt? Denn wohin fließt denn das ganze neu geschaffene Geld? In Investitionen bei einem gesättigten Markt? Für Produktionskapazitäten, welche niemand benötigt? Nein, es fließt an die Börse und in Immobilien, wo immer neue Höchststände gefeiert werden. Die steigenden Aktien- und Immobilienpreise sind das was dann als Vermögenszuwachs statistisch ausgewiesen wird. Und wer davon nichts besitzt, der profitiert natürlich auch von diesen Preissteigerungen nichts. Können höhere Steuern hieran etwas ändern? Nein, natürlich nicht. Wie auch?

     

    Was ebenfalls vollständig unberücksichtigt bleibt ist, dass das meiste Vermögen inzwischen keiner physischen Person mehr gehört. Es gehört juristischen Konstruktionen, welche faktisch niemandem mehr gehören und wo lediglich angestellte Manager sich gegenseitig daran bedienen und darüber verfügen. Oder kann mir jemand sagen, welcher physischen Person die Allianz oder die Deutsche Bank gehört?

    Um genau zu sein müssen wir über jedes Unternehmen froh sein, wo wir überhaupt noch einen physischen Besitzer feststellen können! Und wenn wir durch Vermögenssteuern diese zwingen ihre Aktienpakte zu verkaufen, dann haben wir bald kein Unternehmen mehr mit einem physischen Besitzer!

     

     

    These 6:

    Das Feindbild Austeritätspolitik ist zwar in linkspopulistischen Kreisen derzeit sehr schick, zeugt aber genauso von Ahnungslosigkeit. Denn dies ist keine fixe, aufgezwungene, unveränderliche Reformagenda, sondern ein sich unter Mitwirkung aller Beteiligten sich permanent weiterentwickelndes Reformprogramm, um die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit wieder herzustellen. In praktisch allen Ländern zeigt dies auch Erfolg, nur in einem Land nicht: in Griechenland. Und dies liegt daran, dass dort nicht einmal elementare Strukturen vorhanden sind aus denen sich irgendetwas entwickeln könnte. Wenn ich als Investor sehe, dass ich in Portugal durch Lohnanpassungen mit einem Wettbewerbsvorteil nun produzieren kann, dann baue ich dort vielleicht eine Produktionsstätte. Wenn ich aber in Griechenland 23 Genehmigungen von 23 verschiedenen Behörden mit 50 Personen, welche nichts machen ohne das man sie kräftig schmiert, benötige, um eine Lagerhalle zu bauen, von der ich am Ende nicht einmal weiß ob das Land auf dem ich es baue auch mir gehört, dann kann das Lohnniveau noch so sinken, ich werde in Griechenland nicht investieren. Wenn man irgendeinen Vorwurf an die Troika machen kann, dann den, dass sie Griechenland als einen entwickelten Staat behandelt hat und nicht als failed state was es faktisch ist. Und genauso wird dort auch kein Green New Deal oder sonstige Investitionsprogramme irgendetwas bewirken, so lange die notwendigen staatlichen Strukturen nicht existieren. Und wie eine gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik das Problem des griechischen failed state lösen könnte, hat mir auch noch keiner erklärt…

     

     

    These 7:

    Den Schreibern ist wohl entgangen, dass die deutsche Solarbranche fast vollständig kollabiert ist, nach dem China in diese Branche eingestiegen ist.

     

    These 8:

    Gegen unfaire Handelspraktiken weltweit wettern, aber praktisch im selben Atemzug den blanken deutschen Protektionismus predigen. Von Agrarsubventionen bis Mindestlohn soll alles getan werden, um billigere Konkurrenz aus dem deutschen Markt auszusperren.

    These 9: Es soll also nichts mehr produziert werden, sondern nur noch umverteilt. Dieses System hatten die real-sozialistischen Staaten auch betrieben. Das Ergebnis ist bekannt.

  4.  

    So viel polemische und leider großteils ökonomisch unsinnige Kritik aus der FDP/AfD Ecke wie von "Tobias" bringt mich dazu die passive Leserecke zu verlassen und deutlich zu sagen: die neoliberalen Jahre sind vorbei! Einzelkritik der Kritik erübrigt sich, der Autor müsste zunächst mal merken das Volkswirtschaftlehre schon seit Jahrzehnten einen anderen Forschungstand hat und daher die neoliberalen Antworten der 80er Jahre heute schlicht überholt sind.

     

     

     

  5. Wo bleibt die Kultur oder die kulturelle Dimension der Nachhaltigkeit in dem Papier? Jedes Handeln, auch im Bereich der Wirtschaft, ist kulturell geprägt… -> Welzer -> Böll

    …und wir Grünen arbeiten doch an einer GRÜNEN Erzählung…die Kultur wird jedoch beständig außen vor gelassen… fraglich,,,

     

     

  6. Sozial-Ökologische Transformation statt Polemik

     

    Das Papier erhebt den Anspruch, eine grundlegende Korrektur sich abzeichnender oder schon vorhandener Fehlentwicklungen grüner Wirtschaftspolitik anzustoßen. Ohne es direkt auszusprechen, soll das auch eine Kritik an der vom Bundesvorstand (siehe Beitrag Cem im letzten Schrägstrich) eingeleiteten Debatte bzw. ihrer Richtung sein.

    Natürlich sind auch die „Lieblingsfeinde“ einiger wie Winfried Kretschmann oder Ralf Fücks gemeint, ohne sie persönlich zu nennen. Schade, denn was sie falsch machen oder denken bzw. was wir daran falsch finden, muss gesagt werden, sonst gibt es keine Debatte. Vergiftend sind die indirekten Andeutungen, die es mehrfach im Papier gibt.

    Schade, denn das Papier enthält eine Vielzahl richtiger und wichtiger Punkte, die gegen Fehlentwicklungen nötig sind und unterstützt werden sollten. Ich denke, sie sind auch Konsens (Stichwort: Machtwirtschaft z.B.). In dem Dialoggespräch Schick/Janacek im letzten Schrägstrich wurde das ja auch deutlich.

    Allerdings übertreibt das Papier auch in der Lobpreisung der kleinen und mittleren Betriebe und der Verteufelung der Konzerne.  Natürlich wollen wir keine „KiKs und Monsatos“, aber wie beurteilen wir die Entwicklung von Philips? Wer liefert Autos wie den Prius?  „Kleine Einheiten“  will das Papier und zwar nur. Diese Ausschließlichkeit halte ich für falsch.

    Selbst ein Kritiker der Konzerne und Banken wie Gerhard Schick vertritt ja solch eine Position nicht. In der Debatte am Freitagabend auf dem Kongress Grün.Links.Denken hat er als einziger deutlich das Hauptproblem unserer „grünen Wirtschaftspolitik“ ausgesprochen:  Wir wissen, wie nötig eine umfassende Sozial-Ökologische Transformation ist und wie ein Zielsystem aussehen kann, aber wir wissen nicht, wie wir dahin kommen können, wer unsere Partner dabei sein können, woher wir die Mehrheit dafür bekommen. Und das Eingeständnis von Frank Bsirske in dieser Debatte, dass für die Gewerkschaften dieser Prozess auch zu komplex ist, um dafür wirklich mobilisieren zu können und nur kleine Schritte (sein Schwerpunkt: Verbesserung der Care-Arbeit) möglich sein, zeigt ja auch das Dilemma deutlich auf.

    Insofern reicht es nicht, reicht es für eine Weiterentwicklung der grünen Wirtschaftspolitik nicht (für ein paar Pressemeldungen reicht es schon), nur zu sagen, was wir nicht wollen, wir müssen entwickeln, was wir wollen und vor allem wie wir dahin kommen können. Das Papier ist viel zu sehr ein Negativ-Papier und dann noch mit der in meinen Augen hinterhältigen Polemik, als das es diese positiven Anstoß leisten kann. Schade, ich hätte mir von dem Kreis um Grün.Links.Denken mehr erwartet.  Für Berlin habe ich selber mal versucht, ein paar Gedanken aufzuschreiben wie eine andere grüne Wirtschaftspolitik in der Stadt und wie ein Wahlkampf dazu aussehen kann. Ich habe das Papier ins Internet gestellt, es kann unter: http://jordandirk.de/21456.html/BerlinThese4b heruntergeladen werden.  Und um Fehlinterpretationen vorzubeugen: Das ist ein Papier zum Ausschnitt. Wirtschaft. Es reicht nicht für eine sozial-ökologische Transformation, da fehlt die Sozial-, die Finanz- und Steuer-, die Kultur- und Bildungspolitik, um nur einige zu nennen.  Das weiß ich selber.

    Über Rückmeldungen dazu und meinem Kommentar würde ich mich freuen.