Grün.Links.Denken

Wir sind die Partei für Geringverdiener_innen!

Vor der zur Zeit laufenden öffentlichen Debatte über unsere Steuerpolitik wurden wir oft als Latte Machiatto schlürfende Partei gelabelt, die keinen Sinn für den „Otto Normal Verbraucher“ hat. Der Parteivorsitzende unseres Wunschkoalitionspartners bezeichnet uns auch gerne als „Bionade Biedermeier“. Selbst wir scheinen diesen Vorwurf nicht wirklich entkräftigen zu wollen.

Doch die Steuerdebatte zeigt, dass es keine Partei mit Regierungsanspruch gibt, die über ihre Steuerpolitik und das Abschmelzen des Ehegattensplittings vor allem Familien mit Niedrigeinkommen so massiv stärken will wie wir es tun.

Wir Grüne haben vor allem die Ungerechtigkeiten bei Hartz 4 erkannt. Hartz 4 ist nicht armutsfest und gerade Familien mit Kindern stecken in einer Armutsfalle aus der Sie kaum wieder rauskommen. Während das Privatvermögen der Vermögenden in den letzten Jahren massiv gestiegen ist, leben immer mehr Menschen in Deutschland an der Armutsgrenze.

Wir wollen eine Kindergrundsicherung, die dafür sorgt dass Kinder nicht in die Armutsfalle geraten und genug zum Leben haben. Gleichzeitig wollen wir mehrere Milliarden in Kitas, Schulen und Hochschulen investieren. Unser Schwerpunkt ist es den Bildungsaufstieg zu ermöglichen.

Doch das allein reicht nicht aus. Die Erhöhung des Hartz 4 Regelsatzes ist eine Frage der Menschenwürde, die es nicht mal in das Programm der Sozialdemokraten geschafft hat. Doch eine der größten Kritikpunkte an der Hartz 4 Praxis hat mit dem Regelsatz nichts zu tun. Die Drangsalierung von vielen Hartz 4 EmpfängerInnen findet über die Sanktionspraxis statt. Statt zu fördern wird vor allem sanktioniert. Wir fordern deshalb ein generelles Sanktionsmoratorium und die komplette Aussetzung der Sanktionen für die unter 25 Jährigen. Wir sind felsenfest davon überzeugt, dass 99% der Arbeitssuchenden Arbeit finden wollen. Es ist deshalb falsch die alte Sanktionspraxis beizubehalten, wie es CDU, SPD und FDP wollen.

Wir Grüne setzen uns stark für Menschen mit Niedrigeinkommen ein, mehr als alle anderen regierungswilligen Parteien. Leider werden wir so allerdings nicht wahrgenommen und zögern selbst auch etwas zu sehr im Umgang. Dazu gibt es keinen Grund, wir sollten deshalb den Wahlkampf nutzen um mit Missverständnissen aufzuräumen und unser Spektrum zu erweitern.

 

Autor: Rasmus Andresen

Rasmus Andresen ist Flensburger Landtagsabgeordneter und Kandidat zur Europawahl 2019.

5 Kommentare

  1. Ich finde, dass wir uns nicht auf diesen Dualismus einlassen sollten, entweder die Vertreter der einen oder der anderen Gruppe zu sein („Partei der Besserverdienenden“ (oder neu: „Gutverdienenden“) vs. „Partei der kleinen Leute“ oder „der unteren 90%“). Grüne machen ein Angebot für alle gesellschaftlichen Schichten; denn auch die, die nach den Grünen Steuerplänen mehr Steuern bezahlen müssen (ein nicht geringer Teil der bisherigen Grünenwähler, die nach dem obigen Slogan ausgeschlossen würde), bekäme ja etwas davon: ein solideres Staatswesen, weniger soziale Verteilungskämpfe, Sicherstellung der öffentlichen Daseinsvorsorge in allen Bereichen von Mobilität über Kinderbetreuung bis Kultur. Manche wählen sogar uns Grüne, WEIL sie mehr Steuern zahlen wollen.

  2. Recht hat er, der Rasmus Andresen, denn wir sind eine Volkspartei in einer Gesellschaft, in der eben nunmal 59% der Gesellschaft unter 25.000 zu versteuendes Jahreseinkommen haben (auch Grüne, Mitglieder und Wähler bzw. Wählerinnen dabei), wie auch Till W. mit seinen Hinweisen auf die Zahlen des Staitsischen Bundesamtes zu Recht anführt und hier sind auch KMU bzw. Inhaber/Inhaberinnen oder Inhaberfamilien enthalten!
    Dass die Wähler und Wählerinnen der Grünen teilweise über höhere Bildungsabschlüsse verfügen oder selbstständig sind und Unternehmen haben, bedeutet eben auch nicht automatisch, dass sie wohlhabend oder gar reich sind.
    Hier noch ein Link auf Tills erhellende Verteilung der Steuerpflichtigen nach Einkommen, Zahlen des Statistischen Bundesamtes, hier Beispiele aus 2007 …
    http://blog.till-westermayer.de/index.php/2013/05/05/kurz-steuerpflichtige-und-wutreiche/

  3. Zunächst: Die angesprochenen Steuerpläne regen mich nicht auf. Ich muss mich intensiver einlesen, aber bisher klingt das sehr vernünftig. Ich habe viel Kritik an Grünen, das passt aber hier direkt nicht her. Jedoch verstehe ich nicht, warum (und alles was ich dazu bisher weiss, habe ich aus den obigen Zeilen) Grüne bei der Menschenwürde einen Unterschied zwischen Menschen bis und über 25 Jahre machen. So gelesen finde ich das ungeheuerlich. Und meinen Backround mit einbezogen ist es eine Unverschämtheit. Aber vielleicht beruht es auf einem Missverständnis…? …

  4. Genau wie es Christel Opeker bereits gesagt hat, auch wenn mal viel verdient, ist man nicht automatisch reich oder wohlhabend. Und deswegen lehne ich diese Steuererhöhungsorgie ab, weil damit kein Arbeiter mehr verdienen wird oder bei der Sozialversicherung entlastet wird. Wer diese Programm unterstützt, untersützt nur Staatseinnahmen die nie und nimmer bei den Bürgern ankommen. Anscheinend vergessen einige Grüne, dass der Lohn zwischen der Tarifparteien ausgemacht wird und nicht vom Staat gestaltet wird. Esw äre richtig darauf zu drängen die kleinen Einkommen anzuheben und bei der Sozialversicherung zu entlasten. Leider wurde dies versäumt und jetzt rennen wir in eine Debatte rein die uns schaden wird. 

  5. Die Sanktionspraxis ist allein deswegen zu beenden, weil darüber die Löhne in Deutschland generell unter Druck gesetzt werden. Arbeit ist kein Selbstzweck und keine Therapie gegen Langeweile sondern sie soll dazu dienen, ein Einkommen zur Bestreitung des Lebensunterhalts deutlich oberhalb der Grundsicherung zu erzielen. Das geht aber nur, wenn man Arbeitslosen zubilligt, über die Bedingungen, zu denen sie arbeiten sollen, verhandeln zu dürfen, wozu dann faktisch immer auch die Möglichkeit gehören muss, ein Arbeitsangebot ablehnen zu können. Wenn man jedoch den Arbeitslosen die Bedingen diktieren kann, zu denen sie arbeiten müssen, dann gilt das auch für diejenigen, die sich in Beschäftigung befinden.

    Und das Resultat kann man in Deutschland sehr gut beobachten: so sind die Löhne in Deutschland in ihrer Entwicklung insgesamt stagniert und weit hinter dem zurückgeblieben, was zu erwarten gewesen wäre. Entsprechend ist dann auch die Schere bei den Einkommen und Vermögen weit auseinandergegangen. Deutschland hat es u.a. dadurch auch geschafft, da die Entwicklung der Inflation von der Entwicklung der Löhne abhängt, das Inflationsziel dauerhaft und deutlich zu unterschreiten und so entscheidend mit zur aktuellen Eurokrise beigetragen.

    Das bedeutet, dass die mit von den Grünen auf den Weg gebrachte Arbeitsmarktpolitik als eine der Ursachen für die Eurokrise und der Krise der EU insgesamt zu sehen ist, genauso wie die mit von den Grünen auf den Weg gebrachte Liberalisierung der Finanzmärkte eine Ursache der Finanz- und Bankenkrise darstellt, und die Einführung der privaten Altersvorsorge ebenfalls durch uns Grüne unmittelbar und sehr schnell zur Krise bei der Alterssicherung beigetragen hat. Dieser massive Schaden, der hier faktisch angerichtet wurde, wird durch das neue Programm, das ja nichts weiter als eine Absichtserklärung ist, bestenfalls ansatzweise korrigiert.

     

    Es ist aber aus einem anderen Grund bereits heute in Bezug auf seine Wirkung Makulatur: die Grünen sind weiterhin für die Schuldenbremse mit dem Ziel einer Staatsverschuldung von 60%. Wer die Debatte um Rogoff und Reinhardt mitbekommen hat, weiß, dass die wissenschaftliche Grundlage für die Schuldenbremse vollkommen substanzlos ist. Dennoch halten die Grünen daran fest und erblöden sich auch nicht, diese Politik auch noch mit dem Begriff der "Nachhaltigkeit" in Verbindung zu bringen.

    Die aktuelle Staatsverschuldung Deutschlands liegt derzeit deutlich über den anvisierten 60%, in den anderen Ländern der EU sieht es nicht besser aus, denn selbst so Länder wie Spanien und Irland, die mal sehr deutlich darunterlagen, liegen seit der Finanzkrise darüber und werden durch die mit den Hilfen verbundenen Auflagen immer tiefer in die Verschuldung getrieben. Die Schuldenbremse wird alle kommenden Regierungen zu Einsparungen zwingen, und sie werden genau da ansetzen, wo es die trifft, die durch das grüne Programm begünstigt werden sollen, weil diese Menschen am stärksten von diesen staatlichen Leistungen abhängig sind. Dazu werden die Steuereinnahmen sinken, weil der Staat einen wesentlichen Teil der wirtschaftlichen Aktivität darstellt und darüber weitere im privaten Sektor initiiert. Sinkende Steuereinnahmen sind immer die Folge von stagnierenden Löhnen und Arbeitslosigkeit, was bedeutet, das auf den Staat darüber hinaus weitere Kosten hinzukommen. Wie das funktioniert konnte man in den letzten Jahren im Zeitraffer wunderbar in den "Südländern" beobachten.

    Angesichts der Schuldenbremse halte ich es für hoch unwahrscheinlich, dass das Programm der Grünen die positive Wirkung entfaltet, die hier viele erhoffen. Es ist hingegen fast schon sicher, dass die Nichtumsetzung vieler Punkte im Programm uns durch grüne und sozialdemokratische Politiker mit dem Verweis auf die Schuldenbremse erklärt werden wird.