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Keine fliegenden „Raubtiere“ für die Bundeswehr

Immer wenn es heißt, ein neues Waffensystem würde die Kriegsführung billiger, effizienter und „sauberer“ machen, werde ich hellhörig. Diese Argumente werden von den BefürworterInnen bewaffneter Drohnen nun immer wieder angeführt. Recht gebe ich ihnen nur in einem Punkt: Fliegende unbemannte und bewaffnete Systeme verändern die Kriegsführung massiv.

Das wiederum blendet Verteidigungsminister de Mazière aus, wenn er sich für die Anschaffung bewaffneter Drohnen ausspricht. Immer wieder fällt dabei auch der Name des gewünschten Systems „Predator B“, übersetzt Raubtier. Es soll nach den Plänen der Regierung erst einmal unbewaffnet beschafft werden, doch immer lauter werden nun die Stimmen aus der Koalition und der Bundeswehr, die eine Bewaffnung von Anfang an fordern. Hierzu wäre nur eine kleine technische Modifikation nötig.

Ein Beschaffung von bewaffneten oder waffenfähigen Drohnen halte ich für falsch. Der Einsatz solch ferngesteuerter Waffensysteme droht die Hemmschwelle zur Anwendung militärischer Gewalt drastisch zu senken und auch die berechtigte Zurückhaltung bei politischen Entscheidungen über Militäreinsätze zu beeinträchtigen. Schwarz-Gelb aber verweigert sich grundlegend einer Auseinandersetzung mit den Risiken und Gefahren eines neuen Waffensystems und hechelt stattdessen kopflos und blind dieser technologischen Entwicklung einfach hinterher.

So schwadronierte der Verteidigungsminister auch davon, dass alle Waffen ethisch neutral seien und musste kurz darauf schon diesen Unsinn wieder zurücknehmen. Doch Sprecher seines Ministeriums hören nicht damit auf, diesen Unfug zu wiederholen. Nein, eben nicht, Waffen sind nicht ethisch neutral. Deshalb gibt es mittlerweile mühsam erkämpfte völkerrechtliche Verbote von Streumunition und Landminen, von Chemie- und Biowaffen. Diese Verbote gibt es, gerade weil die Auswirkung dieser Waffen besonders verheerend und menschenverachtend sind. Und deshalb wäre man klug beraten sich einmal nicht erst hinterher, sondern vor der Beschaffung eines neuen Waffensystems mit den Gefahren, die mit seinem Einsatz verbunden sind, auseinanderzusetzen. Diese schwarz-gelbe Bundesregierung verweigert sich dieser Debatte.

Wofür braucht jetzt die Bundeswehr, die bereits über Aufklärungsdrohnen verfügt, bewaffnete unbemannte Systeme? Das Ministerium bleibt bei der Antwort auf diese Frage bewusst schwammig. Zur „Abschreckung“ heißt es ganz allgemein und offiziell. Bewaffnete Drohnen zur Abschreckung und Vermeidung von Gewalt? Das ist doch ein abstruses Argument, das aus der rhetorischen Mottenkiste des Kalten Krieges hervorgekramt wird. Drohnenangriffe tragen tatsächlich massiv zur Eskalation und Radikalisierung in Konflikten bei.

Das zeigt die Realität in Pakistan, in Jemen und in Somalia , wo die USA mit diesen ferngesteuerten Systemen mutmaßliche Terroristen und Taliban-Kämpfer gezielt töten. Bei diesen Angriffen sterben auch zahlreiche ZivilistInnen, was gern übersehen wird von denjenigen, die von der chirurgischen Präzision von Kampfdrohnen schwärmen.

Erste Studien zeigen mittlerweile, dass die aktuellen Drohneneinsätze der CIA in Pakistan auf diese Weise den Extremismus befeuern und massiv dazu beitragen, dass Kämpfer rekrutiert werden. Sogar der Pentagon-Berater David Kilcullen kommt daher zum Schluss, dass Drohneneinsätze mehr Terroristen schaffen als dass sie diese „eliminieren“. Doch das ist nicht alles: Die Praxis der amerikanischen Drohneneinsätze und gezielten Tötungen, deren Zahl unter der Präsidentschaft des Friedensnobelpreisträgers Obama massiv gestiegen ist, widerspricht in krasser Weise dem sogenannten Strategiewechsel in Afghanistan. Bei diesem Strategiewechsel sollte es eigentlich um „winning of hearts and minds“ der Bevölkerung gehen, um politische Verhandlungen zu einem dauerhaften Frieden führen zu können. Ganz zu schweigen von den psychologischen Auswirkungen, die das ständige Kreisen dieser ferngesteuerten Killersysteme auf Unbeteiligte hat So trauen sich Kinder in Dörfern, über denen dauernd die Drohnen kreisen, aus Angst vor den Angriffen aus den Wolken nicht mehr zur Schule.

Einmal mehr rächt sich, dass sich Schwarz-Gelb ganz bewusst einer offenen, kritischen und ehrlichen Bilanz des Afghanistaneinsatzes verweigert.

Der Einsatz von Drohnen und die zunehmende Automatisierung der Kriegsführung, die großen Gefahren und Risiken, die jetzt schon sichtbar sind, all das kann man doch nicht einfach ignorieren. Einmal mehr verbreitet sich ein Waffensystem, bevor die Regierungen sich im Vorfeld mit den schwierigen ethischen, völkerrechtlichen und rüstungskontrollpolitischen Fragen beschäftigen. Die Zukunft sieht düster aus, wenn künftig immer mehr Staaten über diese Technologie verfügen werden. Jahre später und vielleicht zu spät wird man sich dann auf den mühsamen und schwierigen Weg begeben, völkerrechtliche rüstungskontoll- und abrüstungspolitische Vereinbarungen in Bezug auf diese Waffensysteme zu treffen. Das bis dahin entstandene Leid aber können solche Vereinbarungen nicht mehr rückgängig machen. Und deshalb ist es so wichtig, JETZT für internationale völkerrechtliche Regeln und Grenzen zu streiten und dem blinden schwarz-gelben Aufrüstungswahn mit Kampfdrohnen ein grünes Stoppschild entgegenzuhalten.

Agnieszka ist abrüstungspolitische Sprecherin der Grünen Bundestagsfraktion und Mitglied im Verteidigungsausschuss.

Autor: Agnieszka Brugger

Stellvertretende Vorsitzende und politische Koordinatorin des Arbeitskreises "Internationale Politik & Menschenrechte" der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

5 Kommentare

  1. während der letzten gaza-operation haben wir berichte gesehen, wo der korrespondent in gaza sagte, dass man den ganzen tag drohnen am himmel sehen könne. er hatte aber nur mut vorgespielt, keine große angst gezeigt. warum? er wusste, dass die dinger nur terroristen gezielt angreifen.
    interessant zu dem thema wäre folgender beitrag:
    http://donnerunddoria.welt.de/2013/01/30/her-mit-den-drohnen-die-pervertierung-des-guerillakriegs-lasst-keine-andere-wahl/

  2. Das ärgerlichste ist, dass in der Anfrage kein Wort zu automatischer Zielerkennung mittels Softwareerkennung von Gesichtern steht. Es wäre doch interessant zu wissen, ob die Forschungen mittels Gesichtserkennung auch schon in diesem Bereich zu Erkenntnissen geführt haben. Und selbstverständlich findet diese Forschung statt. Die Kombination macht mich richtig gruseln. Wieso fragt ihr dazu nicht?

  3. Hören Sie auf amerikanische Geheimdienstoperationen mit Bundeswehreinsätzen zu vergleichen. Das zeigt nur wie ideologisch verblendet Sie sind. Ob ein bemannter Jagdbomber mit Abstandswaffe oder unbemannt, d.h. ohne Cokpit, eine Waffe einsetzt ,ist ja nun wirklich egal. Sonst verdammen Sie auch Panzer, wegen der Panzerung, Torpedos, Raketen, Gewehre etc.  Also zurück zu Hammer, Axt, Schwert! 

     

  4. Hi,

    unter http://www.handelsblatt.com/meinung/gastbeitraege/gastbeitrag-zu-kampf-drohnen-kein-zukunftsversprechen-sondern-eine-drohung/7933876.html

    haben Malte Spitz und ich einen Gastbeitrag zum Thema Drohnen veröffentlicht.

    HG

    Micha

  5. "Du bist Terrororist" – Unter dem Titel findet Ihr eine kurze Zusammenfassung des Workshop "Drohnen und staatliche Stellen" der BAG Demokratie und Recht:

    http://gruene-bag-demokratie-und-recht.de/aktuelles/?no_cache=1&expand=453616&displayNon=1&cHash=794caf8f3da8173ce7a8b40d93c6ca3d