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In Freiheit Grün

Mehr Liberalismus wagen? Oder bei unseren Grünen Wurzeln bleiben? Die Debatte über unseren zukünftigen Kurs ist eröffnet. Es gibt gute Gründe, warum unser neues Leitbild ein ökologisch-empanzipatorisches sein sollte. Denn Freiheit und Nachhaltigkeit sind zwei Seiten einer Medaille.

Über die Ursachen unserer Wahlschlappe wurde zuletzt intensiv diskutiert. Viele verurteilten den Versuch von Union, FDP und Wirtschaftslobby, uns als Verbotspartei zu stigmatisieren. Veggie-Day-Plot und Umfragesinkflug fielen zeitlich zusammen, was den Schluss nahe legt, dass das freiheitsfeindliche Bild unserer Partei ein Grund für unsere Niederlage war.

Im aktuellen Erneuerungsprozess muss deshalb unsere Vorstellung von Freiheit auf den Prüfstand. Im Interview mit der TAZ hob auch Anton Hofreiter diesen Aspekt der neuen Grünen Erzählung hervor. Statt auf Gängelung zu setzen, sollten wir die Bürgergesellschaft darin stärken, ihre Freiheit verantwortlich zu nutzen. Damit unterstreicht er, dass Verantwortungsübernahme nur durch Emanzipation von äußeren Zwängen möglich ist. Stellvertretend für viele ähnliche Aussagen sei an dieser Stelle auf den Blogpost von Jan Schnorrenberg und die „Freiheit für…“-Kampagne des NRW-Landesverbands verwiesen.

Wie aber passen Emanzipation und ökologischer Anspruch zusammen? Die Vielfalt von staatlichen wie nicht-staatlichen Zwängen lässt unterschiedliche Perspektiven auf diese Frage zu. Auf Reformerseite wird gerne die Rolle von Leitplanken betont: Unternehmen sollen frei sein, den Markt zu nutzen, um politisch gesetzte Umweltziele zu erreichen. CO2-Deckel und Emissionshandel aber auch Umweltsteuern sind Beispiele, bei denen der Staat nicht verbietend sondern ermöglichend eingreift, indem er gleiche Ausgangsbedingungen schafft. Dem Charme dieser wirtschaftspolitischen Lösungen ist schwer zu widerstehen. Aber mir erscheint wichtiger, was jenseits dessen aus individueller Perspektive für eine Liaison von Freiheit und Ökologie spricht.

Keiner sollte immer mehr haben wollen müssen

Der diesjährige Bericht der Bundestagsenquete „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“ stellte klar, dass eine zukunftsfähige Gesellschaft mindestens so sehr von ressourcenleichten Lebensstilen abhängt wie von einer ökologischen Industriepolitik (unser Grüner Obmann Hermann Ott schrieb dazu eine lesenswerte Zusammenfassung). Energiewende, Umwelttechnologien und ein Mehr an Effizienz bleiben also notwendig, aber ohne Grenzen beim Ressourcenverbrauch treiben sie durch niedrigere Preise und andere Rebound-Effekte das Wachstum nur noch mehr an. Eine Abkehr vom Wachstumszwang braucht also beides: eine ökologischere Produktion als auch einen niedrigeren Verbrauch.

Uns Grünen gelang es bisher nicht, aus dieser Erkenntnis politische Konsequenzen zu ziehen – trotz dem zunehmenden Druck von Seiten der Umwelt-und Entwicklungsverbände und den Kirchen, die eine Abkehr vom Wachstumsmantra fordern. Entweder wir ignorierten die Signale und hielten an unseren bewährten umweltpolitischen Konzepten fest (Stichwort: Grüne Industrielle Revolution) oder wir verstiegen uns mit Verzichtsappellen.

Ersteres ist populär, aber unzureichend; und letzteres kostet wie erlebt Stimmen und wird dem Problem auch nicht gerecht. Denn moralische Appelle schlagen fehl: für ein nachhaltiges Leben ist nicht allein das Individuum verantwortlich. Das heutige konsumförderliche Umfeld schränkt die Freiheit aller ein, weniger Ressourcen zu verbrauchen.Aus der Anerkennung, dass ressourcenleichte Lebensstile notwendig sind, erwächst die politische Aufgabe, Konsumzwänge abzubauen. Ziel und Vision Grüner Politik sollte es also sein, jeden in die Lage zu versetzen, nachhaltig zu leben. Am Beispiel Grüner Verkehrspolitik wird das deutlich: Wir reduzieren den Zwang zum Privatauto, wenn wir das Lebensumfeld der Menschen ernst nehmen und ihnen die Wahlfreiheit ermöglichen, sich für ressourcenleichte Fortbewegung zu entscheiden. Eine Förderung des Fuß- und Radverkehrs, des ÖPNV und von CarSharing-Konzepten, reduzierte Subventionen fürs Autofahren und Tempo-30-Zonen werden so zu Garanten ökologischer Freiheiten.

Dieser Nachhaltige Liberalismus hat das Ganze der Freiheit im Blick. Damit schlagen wir drei Fliegen mit einer Klappe: 1.) wir vermitteln ohne erhobenen Zeigefinger unsere Vorstellungen von einer freiheitlichen, gerechten und ökologischen Politik; 2.) wir finden eine positiv-emanzipatorische Antwort auf die wachstumskritische Frage und 3.) wir lassen trotzdem genug Raum für unterschiedliche Akzentuierungen eines nachhaltigen Liberalismus auf beiden Flügeln. Die neue Grüne Botschaft sollte ökologisch-emanzipatorisches sein: wir schaffen faire Ausgangsbedingungen, so dass es für alle einfacher ist, nachhaltiger zu leben.

 

2 Kommentare

  1. Ein guter Beitrag von Daniel Constein. Ich teile das: "Für ein nachhaltiges Leben ist nicht allein das Individuum verantwortlich. (…) Wir schaffen faire Ausgangsbedingungen, so dass es für alle einfacher ist, nachhaltiger zu leben." Am Prinzip Verantwortung halten wir fest, aber es müssen vor allem die Rahmenbedingungen im Sinne einer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung verändert werden.

    Ich füge noch das Beispiel Grüne Energiepolitik hinzu: Klasse, wenn immer mehr Menschen Ökostrom beziehen, Energiegenossen werden oder das Stromnetz besitzen wollen! Das sind bereits Erfolge grüner Energiewende-Politik, vor gut einem Jahrzehnt im Bund angestoßen. Diesen Systemwechsel hin zu einer bezahlbaren, klimafreundlichen, weitgehend dezentralen und damit demokratischen Energieversorgung müssen wir noch viele Jahre politisch weiter begleiten, denn die Beharrungskräfte werden noch lange nicht locker lassen. Im Gegenteil.

  2. Today, taking into consideration the fast chosen lifestyle that everyone is having, credit cards have a huge demand in the economy. Persons out of every area are using the credit card and people who aren’t using the card have made up their minds to apply for one. Thanks for expressing your ideas on credit cards.