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3 Punkte für Gerechtigkeit und Solidarität bei der Flüchtlingsaufnahme in Europa

Der „Asylkompromiss“ von 1993 mit seinem Konzept der sicheren Herkunfts- und Drittstaaten stand konzeptionell Pate für die Entwicklung eines europäischen Asylsystems, das die Abschottung Europas statt den effektiven Schutz von Flüchtlingen in den Mittelpunkt stellt. Im Kern dieses Systems steht die Dublin-Verordnung, nach der meist Mitgliedstaaten an den EU-Außengrenzen zuständig für die Durchführung von Asylverfahren sind. In Deutschland meinte man lange Zeit, sich auf diese Weise weitgehend von der Aufgabe der Flüchtlingsaufnahme entledigt zu haben. Solidarisch und humanitär war diese Haltung nicht, im Gegenteil: sie war geprägt von nationalen Egoismus.

Nun da dieses System offenkundig gescheitert ist, wundert sich Deutschland, dass sich andere EU-Staaten ebenfalls egoistisch verhalten, wenn es um gemeinsame Verantwortung bei der Flüchtlingsaufnahme geht. Die Lösung liegt sicher nicht in der gemeinsamen Beschränkung von Rechten und Rechtsschutzmöglichkeiten wie sie der Kommission offenbar vorschwebt.

Eine gemeinsame Flüchtlingspolitik, die endlich wieder den Flüchtlingsschutz in den Mittelpunkt stellt, wird nur gelingen, wenn sie aus der Perspektive der Schutzsuchenden wie der Mitgliedstaaten als gerecht und solidarisch empfunden wird. Es darf sich nicht rechnen, wenn sich ein Mitgliedsstaat aus der europäischen Solidarität verabschiedet. Es darf sich nicht rechnen, Anreize zur Weiterreise durch eine besonders schlechte Behandlung von Schutzsuchenden zu setzen.

3 Punkte für eine Neubegründung einer gemeinsamen Europäischen Flüchtlingspolitik

  • Wir brauchen einheitliche Mindeststandards beim Flüchtlingsschutz. In allen Mitgliedsstaaten müssen rechtsstaatliche Verfahren, Zugang zu effektivem Rechtsschutz und anwaltlicher Beratung sowie eine menschenwürdige Unterbringung und Existenzsicherung gewährleistet werden.
  • Die Kosten der Aufnahme  sollen durch die EU ausgeglichen werden. Dies ließe sich z.B. durch pro-Kopf-Leistungen aus einem EU-Flüchtlingsbudget gewährleisten.
  • Eine quotenmäßige Verteilung von Schutzsuchenden auf die Mitgliedsstaaten muss ohne Inhaftierung auskommen und  die Rechte und Bedürfnisse der Schutzsuchenden mitdenken:
  • Schutzsuchende, die familiäre Bezüge in einem Mitgliedsstaat haben, müssen zu ihrer Familie ziehen zu können und dort ihr Verfahren betreiben dürfen.
  • Das Bestehen einer Exilgemeinde und andere persönliche Beziehungen müssen bei der Bestimmung des für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Mitgliedstaats Berücksichtigung finden.
  • Flüchtlinge, deren Schutzanspruch anerkannt wurde, sollen innerhalb der EU nach denselben Regeln wie Unionsbürger*innen freizügigkeitsberechtigt sein und ohne Einschränkungen Zugang zum gesamteuropäischen Arbeitsmarkt erhalten.

Nur wenn diese 3 Punkte angegangen werden, wird man dauerhaft eine Akzeptanz für europäische Verteilungsmodalitäten für die Aufnahme von Flüchtlingen erreichen können.

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