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Kaum was im Gepäck für Frauen!

– Der Koalitionsvertrag der GroKo –

Beim ersten Blick in den Koalitionsvertrag könnten Frauen meinen, dass die GroKo eine Verbesserung für Frauen in diesem Land im Sinn führt. Der Einstieg in die Quote ist gemacht, Maßnahmen wie ein Entgeltgleichheitsgesetz zum Abbau des Gender Pay Gap und eine Aufarbeitung der Geschichte der Frauen sind vorgesehen. Aber dann? Dann kommt erst mal nicht mehr viel. Der Koalitionsvertrag bleibt bei der Gleichstellungspolitik entweder auf halber Strecke stecken oder es fehlen die konkreten Umsetzungswege und Finanzierungspläne. Das zumindest ist der rote, oder besser gesagt, der rot-schwarze Faden, der sich konsequent für Frauen- und Geschlechterpolitik abzeichnet. Auf Absichtserklärungen und Prüfaufträgen können aber keine langfristigen Lebensplanungen aufgebaut werden.

Und obendrein bleibt tatsächlich das Betreuungsgeld! Jene familienpolitische Leistung, die Wahlfreiheit suggerieren soll, aber in Wirklichkeit eine teure Zementierung des klassischen Alleinernährer-Modells ist. Vor der Wahl von allen außer der CSU abgelehnt war es dann wohl das 1:0 für Seehofer. De facto wird sich diese familienpolitische Leistung von über 2 Mrd. Euro ohne Gegenfinanzierung als Mühlenstein für die Aufstellung beim Haushalt erweisen. Und befürchtet werden muss, dass dafür andere Maßnahmen aus dem Ressort für Frauenpolitik entfallen.

Nur ein "Quäntchen" Quote

Mit großem Getöse feierten sich die drei Fraktionen für die Einführung der Frauenquote. Immerhin, ein ganz richtiger Ansatz. Doch sie wird leider bei nur 30% für die Neubesetzung von Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen und erst ab 2016 festgeschrieben. Bis 2020 tut sich also nicht viel. Die überwältigende Mehrheit der Unternehmen ist von dieser Quote nicht betroffen und selbst in den börsennotierten Unternehmen wird sie nur wenigen Frauen an die Spitze helfen.

Dieses Verhandlungsergebnis fällt angesichts der Tatsache, dass die Quote in der letzten Legislaturperiode im Parlament faktisch schon eine Mehrheit hatte und von einem breiten Bündnis von Vertreter*innen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft eingefordert wurde dürftig und – mit Blick auf die EU – hasenfüssig aus. Deutschland ist mit der Frauenquote nämlich ohnehin in der Pflicht: Das EU-Parlament hat im Oktober für eine Quote von 40% der Aufsichtsräte in börsennotierten Unternehmen ab 2020 gestimmt.

Die wirklich zentralen Stellschrauben einer progressiven Politik für mehr Gleichstellung werden aber von der GroKo nicht bewegt. Keine einzige Maßnahme, die eine eigenständige Existenzsicherung ermöglichen würde, ist im Reisegepäck für Frauen vorgesehen. Erwerbs- und Gleichstellungshindernisse wie das Ehegattensplitting oder die Sackgasse der Minijobs werden nicht angepackt. Besonders bitter, weil gerade die SPD hier wider besseres Wissen handelt. Die Antwort auf diese Fragen kann die nächsten vier Jahre nicht die Einführung eines Mindestlohnes sein. Denn gerade Frauen nach der Familienphase haben noch immer das Problem, überhaupt einen Job zu finden. Ihnen einen Prüfauftrag vor die Nase zu setzen, dass, wenn sie in einer Bedarfsgemeinschaft leben, eventuell doch demnächst ein Recht auf Weiterbildung haben, ist zynisch. Und die Frauen, die gar keine Bezüge erhalten, bleiben ohne Angebote? In diesem Bereich hat sich die Union mit ihrer Antiemanzipationspolitik voll durchgesetzt.

Gut gemeint reicht nicht!

Zu den richtigen Ansätzen der GroKo zählen im Kontext der Lebenswirklichkeit von Familien die Weiterentwicklung des Teilzeitrechts, das Rückkehrrecht auf Vollzeit, die Flexibilisierung beim Elterngeld und das Elterngeld Plus. Aber diese Maßnahmen nützen Menschen am unteren Ende der Gehaltsskala nicht viel und Erwerblosen schon mal gar nicht. Um Familien aus der Armut zu bringen, wären mutigerer Schritte notwendig, z.B. die Grüne Kindergrundsicherung.

Butterweich bleiben auch die Formulierungen zur Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern. Diese nicht zu akzeptierende Ungerechtigkeit wird ohne Details eher kritisch beschrieben. Viele Details bleiben aber offen. Die Unternehmen (ab 500 Beschäftigte) werden lediglich aufgefordert, Gehälterunterschiede zu beseitigen – kein Wie, keine Handhabe! Ob dies in der Praxis den Frauen viel bringt, bleibt sehr fraglich.

 

Konkreter werden SPD und Union beim Schutz von Frauen vor Menschenhandel und Zwangsprostitution. Die Täter sollen konsequenter bestraft, das Aufenthaltsrecht der Opfer verbessert werden, wenn sie zur Aufklärung von Straftaten beitragen. Das sind konstruktive wenn auch überfällige Schritte, die Menschenhandel, wie wir dies eingefordert haben, wirksam bekämpfen, Gewalt gegen Frauen verhindern und die Rechte der Frauen stärken. Leider fehlt ein Bekenntnis zu einem sicheren Bleiberecht und auch zur konsequenten Umsetzung der EU-Richtlinie zum Schutz von Opfern von Menschenhandel.

 Beim Schutz vor Gewalt und konkret in der Frauenhausfinanzierung hört konkretes Anpacken von längst bekannten Missständen bei der GroKo aber auch wieder auf: Es gibt weiterhin kein Konzept zur einheitlichen bedarfsgerechten Finanzierung und natürlich auch nicht zur flächendeckenden, bedarfsgerechten Beratung in Notsituationen.

Nun denn:

Bei genauerem Blick aus frauenpolitischer Perspektive wird eines sehr schnell klar: Die GroKo lässt Eltern und deren Kinder ohne ernst gemeinte Option auf eine moderne Familienpolitik im Regen stehen. Eine moderne, geschlechtergerechte Gesellschaft, in der Frauen und Männer auf einen Zeitenwechsel durch eine zukunftsorientierte Politik der Regierung hoffen können, erfüllen CDU, SPD und CSU mitnichten.

Manches ist im Ansatz gut, aber im Konkreten leider unausgegoren. Der Paukenschlag bleibt die Quote. Deshalb hoffen die drei Fraktionen wohl, dass der so lange nachhallt, dass die Frauen in unserem Land nicht mehr fragen, was sonst noch für sie getan wird! Darauf sollten sich diese GroKo besser nicht verlassen.

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